Brasilien - von Iguacu bis auf den Zuckerhut
 
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Reisebericht


Schon beim Fruehstueck am 08.12. ziehen bedrohliche dunkle Wolken auf, die sich in einem satten Regenguss entladen. Wie gut, dass wir gestern bereits die Wasserfaelle angeschaut haben. Heute scheint der ideale Tag, um rueber nach Brasilien zu fahren. Das hoert sich genauso einfach an wie es tatsaechlich auch ist. Im lokalen Bus geht es bis zur Grenze, hier werden die Formalitaeten wieder mal unbuerokratisch und schnell erledigt, der naechste Bus nimmt uns mit nach Foz do Iguaçu (brasilianische Seite). Die Einfahrt nach Foz ist ziemlich ernuechternd. Sind wir noch verwoehnt vom huebschen niedlichen Puerto Iguacu (Argentinien), so empfangen uns hier haessliche Hochhausbloecke, teilweise vergitterte Eigenheime und ein eingezaeunter Busbahnhof. Als wir in Richtung Hoteltip aus dem Reisefuehrer spazieren, heftet sich ein Typ mit gelber Weste an unsere Fersen und will uns weissmachen, wir befaenden uns in einer sehr gefaehrlichen Gegend, er kenne ein gutes Hotel in einem besseren sicheren Viertel. Geschult durch unzaehlige solcher Situationen in Asien nehmen wir das Geplapper natuerlich nicht ernst. Erst als eine Frau im Pkw anhaelt um uns zu warnen, denken wir nochmals nach und gehen auf Nummer Sicher, womit wir anschliessend in einem passablen Hotel landen. Spaeter lesen wir in einem anderen Reisefuehrer, man moege die Gegend in der Naehe der Favelas am Fluss meiden, durch die wir fast durchspaziert waeren. Erste Lektion in Brasilien: immer zuerst die Sicherheitslage checken. Nachdem wir uns eingerichtet haben passiert nicht mehr viel, gelegentliche Gewitter und Sonne wechseln sich ab. Den Abend verbringen wir in einem ueberdachten Open-Air-Restaurant mit Live-Band. Als bei den ersten Takten Samba eine Horde Maedels das Parkett stuermt und die Hueften fliegen laesst, lernen wir erstmals die Allgegenwaertigkeit von Musik und Tanz im brasilianischen Alltagsleben kennen. Besonders interessant ist das brasilianische Portugiesisch. Um es auf den Punkt zu bringen: wir verstehen kein Wort! Eigentlich dachten wir, unsere Spanischkenntnisse wuerden helfen. Das trifft aber nur auf die geschriebene Sprache zu. Die Brasilianer schaffen es jedoch, diese geschriebene Sprache so auszusprechen (es wird dabei heftigst nasaliert), dass wir den Eindruck haben, wir befaenden uns in einem osteuropaeischen Land. Ausserdem bietet die Aussprache ungeahnten Freiraum in Sachen individueller Ausdrucksweise. Hast Du mal ein paar Worte verstanden und willst sie so in einem anderen Gespraech anwenden, kannst Du sicher sein, Dein Gegenueber wird Dich fragend anschauen, als waerst Du vom Mars. Wir stellen fest, dass hier im Sueden viele Brasilianer eher Englisch als Spanisch sprechen koennen. Was wir aber schnell kapiert haben, was immer und ueberall Anwendung findet, ist der erhobene Daumen, als Zeichen fuer "Tudo Bem", "Alles Gut, alles o.k." Mal sehen, ob unser Brasilianisch noch ueber dieses Stadium hinausreichen wird, aber den Daumen koennen wir schon richtig gut.

Am Dienstag, dem 09.12. geht es erneut zu den Wasserfaellen, diesmal stehen wir auf der anderen Seite und haben einen gigantischen Ueberblick aus groesserer Entfernung. Ist ziemlich cool, wie wir uns heute ansehen koenne, wo wir gestern umhergekraxelt sind. Auch auf brasilianischer Seite fuehrt ein Wanderweg zum sog. "Teufelsschlund". Hier wandert man allerdings auf eine Aussichtsplattform, die unterhalb der Kante liegt, also da, wo das Wasser ankommt. Frisch geduscht kehren wir nach einem raschen Blick auf Wassermassen von allen Seiten ins Trockene zurueck. Auf dem Rueckweg treffen wir eine Coati-Grossfamilie, die in den Baeumen am Wegesrand herumturnt. Die Tierchen (spitz-/ und langnasige Nager mit langem Schwanz) sind total zutraulich und stark an uns Menschen gewoehnt. Als die Tourimassen zunehmen, verschwinden sie nicht etwa, nein, sie scheinen ihre Freude daran zu haben, sich an Handtaschen zu klammern, fotographiert zu werden oder sich streicheln zu lassen. Uns wird der hysterische Menschenauflauf schnell zuwider, wir verschwinden in Richtung Ausgang. Anschliessend gehen wir in den naheliegenden Vogel"park". Hier ist der Name leider nicht Programm, viele Voegel, vor allem die Papageien sind in kleinen Kaefigen eingesperrt. Vogel"knast" waere also treffender. Ein paar Gehege sind dann doch grosszuegiger angelegt, wo wir Tucane, kleine Papageien, etc. aus der Naehe anschauen koennen. Schon schoen, aber eben mit dem bitteren Beigeschmack, die Tiere in Gefangenschaft zu erleben. Abends werden wir von unseren schweizer Freunden noch ganz lieb zum lokalen Busbahnhof gebracht und dort verabschiedet, denn wir wollen heute noch weiter nach Florianopolis (Nachtfahrt). Anschliessend fahren wir im Stadtbus die 4 km zum sog. "Rodoviario" (Terminal fuer Ueberlandbusse) und haben dort noch richtig Zeit bis unser Bus abfahren soll. Am Schalter von Pluma, der Busgesellschaft, sagen sie uns, wir sollen zur Plattform 15. Die gibt es erstmal gar nicht. Weitere Pluma-Mitarbeiter nennen uns immer andere Nummern, grosse Verwirrung! Endlich kommt ein grosser Reisebus an, wir zeigen unsere Tickets und lassen das Gepaeck einladen. Als wir dann den Bus besteigen wollen, meint der Steward, dies sei der falsche Bus, wir haetten Tickets fuer den Bus um 21:15 Uhr, der aber schon weg sei. Das kann nicht wahr sein!! Wir fragen hier ein Dutzend Mitarbeiter und alle sind zu bloed uns zu sagen wann und wo der Bus abfaehrt? Eine Teilschuld trifft uns auch, auf dem Ticket steht tatsaechlich 21:15 Uhr und nicht wie wir immer annahmen 21:30 Uhr. Allerdings sagte uns die Agentur beim Kauf der Tickets, 21:15 Uhr sei die Boarding-Time fuer den Bus um halbzehn, klasse Organisation! Alles Schimpfen und Aufregen hilft nichts, das Gepaeck wird wieder rausgeschmissen, wir fahren nicht mit, der Bus ist voll. Einziger Trost: einer brasilianischen Familie passiert exakt das Gleiche. Nach 11 Monaten problemlosen Reisens haben uns die Brasilianer geschafft. Gluecklicherweise koennen wir die Tickets umtauschen fuer den Bus morgen Abend. Danach bleibt uns nichts als zum Hotel zurueckzufahren. Da werden Jeannette und Simon aber Augen machen! Beim Fruehstueck gibt es tatsaechlich ein grosses Hallo, die beiden gucken ziemlich sparsam "was macht Ihr denn noch hier?" Wir fruehstuecken, hoffentlich wirklich das letzte Mal in Brasilien zusammen, dann bringen WIR die Schweizer zum Busbahnhof. Den Rest des Tages vertreiben wir uns die Zeit mit Reisebericht schreiben, Spielen und Essen, bevor wir es ein zweites Mal mit dem Ueberlandbus versuchen. Diesmal haben wir keine Probleme. Im grossraeumigen Reisebus mit breiten Schlafsesseln (Business Class laesst gruessen) fahren wir durch die Nacht. Wegen der vielen Kurven und Bodenwellen werden wir in dem breiten Sitz ziemlich hin- und hergeworfen, keine erholsame Nachtfahrt.

Vom 11.12 bis zum 15.12. verbringen wir die Zeit auf der Illha Santa Catarina, nahe Florianopolis. Wir wohnen in einem netten Appartment bei einer Fischerfamilie. Der Herr des Hauses knuepft jeden Tag unter einem schattenspendenden Baum vor dem Haus Netze, seine Frau ist fuer die Gaeste zustaendig. Das Haus liegt innerhalb einer kleinen eingeschworenen Gemeinde von Fischern, alle Nachbarn kennen sich, die Gegend ist supersicher. Der Weg zum Strand betraegt nur 5 Minuten, 14 km weisser Sandstrand, keine Hochhaeuser, lediglich Waelder, die hinter dem Strand angrenzen. Eigentlich ideale Voraussetzungen fuer ein paar Tage Strandurlaub. Was nicht mitspielt ist das Wetter, direkt am ersten Nachmittag muessen wir uns vor einem heftigen Unwetter mit Weltuntergangsstimmung in Sicherheit bringen. Die folgenden Tage sind verregnet, schwuel und schmuddelig, so gar nicht brasilianisch. Wir haengen also haeufig auf dem Balkon unseres Appartments ab oder verbringen die Zeit in den Restaurants, wo wir zumindest klasse Fisch, leckeres Obst und Caipirinha geniessen koennen. Die Wetterlage im Sueden Brasiliens ist zur Zeit ueberall aehnlich schlecht, macht also nicht viel Sinn, schon frueher nach Curitiba, unserem naechsten Zielort aufzubrechen. Am 15.12. haben wir dann endgueltig genug vom Sauwetter auf der Insel, wir verschwinden. Hoffentlich koennen wir in Curitiba etwas mehr unternehmen, vielleicht mal ins Konzert oder ins Kino, eben Indoor-Programm, da bieten die grossen Staedte bessere Moeglichkeiten.

Der heutige 16.12. steht voll im Zeichen von "Weihnachts"einkaeufen bei extrem schwuelem Wetter. Hier in Curritiba gefallen uns besonders die Weihnachtsmarkt-aehnlichen Buden in den verschiedenen Parks bzw. auf den Plaetzen, wo ganz aehnlich wie zu Hause, allerlei selbstgebasteltes Zeug verkauft wird. Dazu gibt es dann kulinarische Spezialitaeten aus den uebrigen lateinamerikanischen Laendern zum Testen. Nur den Gluehwein suchen wir vergeblich! Schoen sind immer wieder die Weihnachtsmaenner in dicken roten Maenteln mit weissem Rauschebart und schwarzen Stiefeln, die bei den hochsommerlichen Temperaturen Geschenke verkaufen. Diese sind in Weihnachtspapier eingepackt, das als Motive Winterlandschaften mit gaaaaaanz viel Schnee hat. Sehr passend bei ca. 30 Grad Celsius.

Fuer den naechsten Tag haben wir eine Zugfahrt nach Paranagua gebucht. Es soll sich um eine der schoensten Zugstrecken Suedamerikas handeln, das wollen wir uns natuerlich nicht entgehen lassen. Morgens um 8:00 Uhr wird der Zug abfahren, wir sind zeitig genug am Bahnhof, und haben viel Muse das Schauspiel zu bewundern, das uns brasilianischen Touristen bieten, die ebenfalls mitfahren werden. Bereits hier in der Bahnhofshalle herrscht ein unglaubliches Geschreie und Geschiebe, es werden noch schnell die letzten Vorraete fuer die lange Fahrt (ca. 4 Stunden) besorgt, der Souvenirshop wird gestuermt und ein riesiger Matebecher dreht noch eine letzte Runde, bevor die Schaffner uns durch die Absperrung lassen und wir den Zug betreten duerfen. Ganz prima, hat uns die Ticketverkaeuferin doch die beiden Plaetze ganz vorne im Abteil verkauft, direkt hinter dem Clo und mit nur "halbem" Fenster zum rausschauen. Ob das der hiesige "Touri-Bonus" ist? Kaum haben alle ihren Platz im Abteil eingenommen, gehen die Ersten auch schon auf die Toilette. Zu viel Mate getrunken heute morgen, oder was? Das geht dann die gesamte Fahrt ueber so, schon nach kurzer Zeit weht ein prickelnder Duft aus dem Oertchen, sowie die Tuer auch nur einen Spalt weit geoeffnet wird. Nachdem die riesige Messingglocke am Bahnsteig gelaeutet wurde, setzt sich der Zug in Bewegung und langsam rollen wir durch Curritiba und seine Vorstaedte. Schon bald wird es gruener um uns herum, wir durchqueren satte Wiesen und feuchte Sumpfgebiete und irgendwann sind wir dann tatsaechlich im (Ur)-Wald. Direkt neben den Gleisen wachsen wunderschoene Blumen, ueppige Hortensien und andere Vertreter, deren Namen wir leider nicht kennen. Der Wald ist wirklich urig, hohe Baeume mit zugewachsenen Staemmen, Orchideen und Bromelien, Lianen in allen Dicken und Laengen, die gesamte Vegetation ist ganz dicht und man kaeme hier sicher nur mit der Machete durch. Die Natur hat das ein oder andere verlassenne Haus, wohl ehemalige Bahnstationen, wieder in ihren Besitz genommen. Die Daecher sind verrottet, Mauern zum Teil eingestuerzt und ueberall gruent und gedeiht es in den Ruinen. Ende des vorletzten Jahrhunderts wurde diese Zugstrecke, die auf einer Distanz von ca. 100 Kilometern eine Hoehendifferenz von knapp 1000 Metern ueberwindet, in Betrieb genommen. Sie diente dem Transport der Gueter aus dem Landesinneren zum Hafen nach Paranagua, von wo aus z.B. Zuckerrohr und Kaffee in Richtung Europa verschifft wurden. Waehrend der Fahrt haben wir wunderschoene Ausblicke in verschiedene Taeler, sehen die bereits ueberquerten Bruecken von weitem und staunen ueber manch schoenen Wasserfall an den Haengen. Wir passieren unzaehlige Tunnel und Stahlkonstruktionsbrucken. Jede dieser "Attraktionen" wird von der Meute im Abteil durch lautes Gebruell angekuendigt und kommentiert. Das Groesste scheinen aber wirklich die Tunnel zu sein, dann geraten alle voellig aus dem Haeuschen, es wird geschrieen was das Zeug haelt. Brasilianer sind halt sehr begeisterungsfaehig! Da der Bahnhof in Paranagua zur Zeit nicht in Betrieb sei, muessen wir von Moretes aus in einen Linienbus umsteigen, der gegen 13:00 Uhr faehrt. Endlich in Paranagua angekommen suchen wir erst mal was Leckeres zu essen und finden wieder einen genialen Laden mit "Buffet a Kilo". Das ist eine tolle Einrichtung (ware vielleicht eine Geschaeftsidee zur Wiedereingliederung in Deutschland fuer uns zwei Arbeitslose, so Ich-AG maessig!!!) Es gibt Buffet, meistens sehr sehr lecker mit vielen frischen Salaten, gekochtem Gemuese, Kartoffeln und Teigwaren in verschiedenen Variationen und natuerlich Bratenfleisch, gegrilltes Fleisch, Fisch und und und. Man nimmt sich soviel man will, geht zur Kasse, wo der Teller gewogen wird und erhaelt ein Ticket mit dem Preis. Dann kann man erst mal lecker essen und sich noch ne Ladung holen, wird natuerlich auch wieder gewogen. Wir haben den Eindruck, dass alle etwas vom System haben, da die Kunden wirklich nur das auf den Teller laden, was sie auch essen wollen, die Restaurantbesitzer muessen so gut wie nichts wegwerfen. Und es schmeckt wirklich meistens sehr sehr lecker! Nach dieser "kleinen" Mittagsmahlzeit spazieren wir noch eine Runde durch das historische Zentrum (Haeuser aus der Kolonialzeit) Paranaguas. Zwar macht uns wieder mal der Regen einen Strich durch die Rechnung, so dass wir uns nicht allzu lange draussen aufhalten koennen, aber was wir sehen, gefaellt uns ganz gut. Die ewige Feuchtigkeit hier im Urwald, nagt jedoch ziemlich an der Bausubstanz, viele Haeuser sind am Zerfallen, andere werden gerade muehsam wieder in Stand gesetzt. Mit dem Bus fahren wir wieder nach Curritiba, wo wir abends bei Live-Musik in einer Studentenkneipe so etwas wie Grossstadtleben geniessen. Am Donnerstag abend sitzen wir um 21:00 Uhr im Bus nach Rio de Janeiro, der letzten Etappe unserer Reise in Suedamerika. Kaum haben wir den Busbahnhof verlassen, stottert der Motor ein wenig, der Fahrer hat hoerbar Probleme mit dem Getriebe und kurze Zeit spaeter stehen wir irgendwo in Curritiba am Strassenrand - der Bus ist defekt! Na prima, nachdem wir fast ein Jahr lang absolut problemlos gereist sind, kommt es in den letzten paar Wochen schon ganz schoen dick. Nun, mit all den anderen Passagieren bleibt uns nichts anderes uebrig als auf den Ersatzbus zu warten, der ca. 1,5 Stunden spaeter herannaht. Schnell wird das Gepaeck umgeladen und los geht die lange Reise, schliesslich haben wir ca. 14 Stunden vor uns. Der Fahrer hat dann wohl den Ehrgeiz die Verspaetung aufzuholen und faehrt wie eine gesenkte Sau, so dass an Schlaf kaum zu denken ist. Wieder mal also, nehmen wir den Schlaf nur in kurzen Etappen und erreichen Rio am Freitag, dem 19.12.2003 am spaeten Vormittag. Vom Busbahnhof aus nehmen wir eine Art Pre-Paid-Taxi zu unserem Hotel, in dem die netten Maedels von der Touriinfo uns eins Zimmer reserviert hatten. Auch hier entdecken wir bei der Fahrt durch die Stadt viele ehemals schoene koloniale Haeuser, an denen der Zahn der Zeit ganz heftig nagt. Im Stadtviertel Gloria beziehen wir unser Hotel, das als sicher gilt und uns von Simon und Jeanette empfohlen wurde, die hier bis vor zwei Tagen noch logierten. Nach einer erfrischenden Dusche, leider haelt wegen der feucht-warmen Witterung die Wirkung nicht lange an, und einem Mittagessen fahren wir mit der ueberraschen modernen und sauberen Metro ins Stadtzentrum, und stuerzen uns mit Millionen Cariocas (so nennen sich Rios Bewohner selbst) ins Weihnachtseinkaufgewuehle. Aehnlich wie zu Hause, werden auch hier die Geschenke wohl auf den letzten Druecker besorgt, es ist unglaublich voll in der Stadt. Wir entdecken das Teatro Municipal und informieren uns ueber das Programm. Heute abend soll es um 19:00 Uhr hier ein Konzert des hiesigen Sinfonieorchesters mit Chor geben. Der Eintritt ist frei, als Weihnachtsgeschenk des Theaters. Wir kriegen ohne Probleme zwei Karten und freuen uns schon sehr darauf. Schwieriger ist es schon, hier eine Moeglichkeit zum Telefonieren zu finden. Gab es in Argentinien staendig und ueberall die Telefonlaeden, von denen aus man in grosser Ruhe und fuer sehr vernuenftige Preise telefonieren konnte, finden wir hier nur offene Telefonzellen, zu denen man eine Karte braucht. Andere Laender andere Sitten. In der Geraeuschkulisse einer Grosstadt von so einem Telefon nach Europa zu telefonieren ist schon eine echte Herausforderung. Das Konzert abends ist gut besucht, die Menschen allerdings sind unglaublich unruhig, es herrscht ein staendiges Gerenne und sogar Geschwaetz und teilweise Geschrei und Gelache, Tuer auf, Tuer zu, und das in dieser wirklich schoenen und feierlichen Atmosphaere des alterwuerdigen Theaters. Es handelt sich hierbei um einen Prachtbau aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts mit prunkvoll verzierter Steinfassade, schoenen Wand- und Deckengemaelden und richtig alten edlen Moebeln in den Wartehallen. Ein schoener Einstieg in diese neue Stadt. Am naechsten Tag sieht der Himmel einigermassen klar aus, also wollen wir heute unsere Sightseeing-Programm starten. Mit dem Taxi fahren wir zunaechst in Richtung Corcovado, es geht steil den Berg hoch durch eine Art Villengegend, die hier lebenden Menschen gehoeren sicher nicht zu den Aermsten in der Stadt. Von einem Mirador aus haben wir einen wirklich fantastischen Ausblick ueber die gesamte Stadt, die bis an den Horizont reicht. Wir bewundern den Zuckerhut aus der Ferne, unzaehlige kleine Buchten und Inseln, viele steil ansteigende Huegel die gruen bewachsen sind und natuerlich den Corcovado mit der grossen Christussatue, der sich in Wolken huellt, aber gelegentlich mal ganz zeigt. Von hier oben gesehen ist die Stadt wirklich wunderschoen und wir verstehen jetzt, weshalb so viele Menschen von Rio so begeistert sind. Wir fahren weiter den Berg hinauf und erreichen kurze Zeit spaeter den Corcovado. Der Blick nach unten auf die Stadt bleibt trotz laengerer Wartezeit durch tief haengende dichte Wolken verborgen, aber wir haben das Glueck eins zwei Mal die Christusstaue, die steil von der Bergspitze aufragt, frei von Wolken zu sehen. Um uns herum wimmelt es von Touristen, viele sind schwer enttaeuscht, nun sind sie schon einmal in Rio und koennen die Stadt nicht von oben betrachten. Wir sind froh, die Aussicht schon vom anderen Aussichtsberg genossen zu haben und lassen uns zum Zuckerhut fahren. Kaum haben wir den Corcovado verlassen sind wir aus den Wolken und sehen wieder etwas von der Stadt. Wir fahren mit der Seilbahn hoch auf das zweite Wahrzeichen der Stadt und von hier haben wir tolle Ausblicke auf verschiedene Stadtteile, wie z.B. Copacabana mit dem beruehmten Strand, noch viele andere Straende, einen kleinen Flughafen auf dem wir ein Flugzeug landen sehen und hoffen, dass dies nicht der internationale Flughafen ist, da er wirklich mitten im Wasser liegt und die Landebahn gerade mal so lange ist, wie das Inselchen! Wir geniessen die Aussicht hier oben stundenlang und haben sogar noch das Glueck einer Horde Makaken beim Herumtollen zuzuschauen, die Tierchen lassen sich durch uns gaffende Touris ueberhaupt nicht von ihrem Spieldrang abhalten und spielen so etwas wie Nachlaufen, Fangen oder was auch immer. Sehr putzig anzusehen, wieder einmal koennen wir Tiere in so etwas wie freier Wildbahn beobachten, einfach schoen. Wir koennen uns von hier oben nur schwer loesen, aber irgendwann fahren wir wieder bergab und setzen uns in einen Bus zum Stadtteil Copacabana. Wir wollen den bekannten Strand mal ansehen und vor allem die dort "beachenden" Menschen sehen. Die Busfahrt ist der Hammer, wie wir schon von anderen Reisenden hoerten, haelt sich auch unser Busfahrer scheinbar fuer einen direkten Nachkommen Ayarton Sennas, Vollgas, Vollbremsung, keine Ruecksicht auf noch im Gang stehende Passagiere, eine anstrengende Fahrt, von der wir froh sind, als sie endlich vorueber ist. Nix fuer Leute mit einem empfindlichen Magen. Am Strand flanieren wir einfach ein bischen auf und ab, sehen den Cariocas beim Fussball spielen zu, der Leme-Cup wird gerade ausgespielt mit Trickots und Schiedsrichter, hier geht es ganz schoen ernst zur Sache. Ausserdem gibt es reichlich Volleyballer zu bewundern, die hier im tiefen Sand noch ganz schoen hoch springen und mit tollem Einsatz die Baelle noch vor dem Sand "auffangen". Viele Strandschoenheiten liegen hier in der Sonne, die Badeklamotten sind wirklich so knapp wie man es immer gehoert haben, bei einigen sogar noch knapper. Da koennen wir mit unserer biederen deutschen Bademode natuerlich nicht mithalten. Nach diesem Abenteuer machen wir uns im Bus auf zum Stadtteil Lapa, wo die Sambaszene ganz gross sei. Ein von uns ausgesuchtes Lokal, oeffnet leider erst gegen 21:00 Uhr und die Live-Musik beginnt gar erst gegen 23:00 Uhr, aber wir halten tapfer durch und werden mit schoener Musik belohnt. Die uebrigen Gaeste beginnen direkt bei den ersten Takten Musik zu tanzen und legen zum Teil wirklich heisse Sohlen aufs Parkett. Doch mit dem ein oder anderen koennten wir tatsaechlich auch noch mithalten. Als wir morgens gegen halb zwei in der Pause!, die Kneipe verlassen ist draussen auf der Strasse die Hoelle los. Ueberall stehen Leute mit Getraenken in der Hand rum, aus vielen Toreinfahrten dringt Musik, es wird auf der Strasse getanzt, hier fahren jetzt keine Autos mehr durch, hier ist echt Party angesagt. War der Zugang zur Kneipe eher etwas Betuchteren vorbehalten, vergnuegt sich hier auf der Strasse scheinbar das "Volk". Schade, dass wir uns nicht so richtig sicher fuehlen und bald in ein Taxi steigen um uns zum Hotel bringen zu lassen. Am naechsten Vormittag besuche ich (Christine) im Theater noch einmal ein Konzert, das Sinfonieorchester aus Sao Paulo ist mit dem dortigen sinfonischen Chor angereist und bieten den Messias von Haendel auf. Ich erlebe ein wunderbares Konzert in einem fast bis auf den letzten Platz besetzen Theater, das Publikum ist begeistert, ich auch. Andreas aktualisiert derweil in einem Strassencafe vor dem Theater seine Reisenotizen und betrachtet die hier flanierenden Menschen. Davon gibt es allerdings deutlich weniger als an einem Wochentag, die Innenstadt ist wie leergefegt, lediglich die auf der Strasse lebenden Obdachlosen liegen hier noch auf ihren Baenken. Nach dem Konzert nehmen wir ein Taxi um zu einem der anderen beruehmten Straende Rios, Ipanema zu fahren. Hier ist auf den Strassen einiges los, sogar viele Geschaefte haben geoeffnet, die Schickeria Rios kauft hier ein, bzw. goennt sich in einem der Strassencafes einen kleinen Imbiss. Am Strand mieten wir uns fuer ein paar Stunden Stuehle und geniessen es einfach die Menschen zu betrachten und zuzuschauen, wie man hier am Strand seinen Koerper staehlt und fit haelt. Echte Koerperfetischisten scheinen die Cariocas zu sein. Die naechsten beiden Tage verbringen wir hier in der Stadt noch mit Schoppen und Relaxen, leider haben wir kein Strandwetter, so dass das Beachen ausfallen muss. Am 24.12.2003 steht der Flug nach Madrid an, wir sind schon sehr gespannt darauf wie es uns in Europa nach einem Jahr Abwesenheit wieder gefallen wird.