Argentinien - schaffen wir es bis Feuerland ?
 
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Reisebericht


Argentinien Teil 1 – 28.10. bis 01.11.2003

 

Am Dienstag, dem 28.10. reisen wir von Puerto Montt (Chile) kommend bei Bariloche nach Argentinien ein. An der Grenze haben wir bei der Stichprobe des Zollbeamten in Sachen Gepaeckkontrolle besonders Glueck. Zum einen erwecken unsere in Reissaecke verpackten Rucksaecke die Neugierde des Beamten, zum anderen hat sein Gehilfe im Innenraum unser Proviantpack erbeutet. Frisches Obst und Brot duerfen nicht eingefuehrt werden. So muessen wir kurzerhand drei Bananen und etwas Brot in uns hineinwuergen. Kauend und schmatzend schnueren wir die Rucksaecke auf, um uns vom Zoellner alles durcheinanderwuehlen zu lassen, aber Ordnung muss sein. Bei strahlendem Sonnenschein kommen wir durch den Wintersportort Villa la Angostura, der uns mit seinen Blockhuetten, lackierten und auf Hochglanz polierten Holzhaeusern im Bariloche-Alpin-Stil an die Schweiz erinnert. Nach einer weiteren halben Stunde Fahrt mit Ausblick auf den See Nahuel Huapi sind wir in Bariloche, ebenfalls Wintersport- und Touristenort. Wir sind ueberrascht, wieviele Besucher sich in Bariloche aufhalten, die meisten natuerlich zum Trekking im nahegelegenen Nationalpark, die anderen wegen des netten Ambiente am See oder wegen der vielen schoenen Restaurants und Schokoladefabriken. Wir beobachten so manchen, der sich in den unzaehligen Schokoladegeschaeften mit gluecklichem Gesichtsausdruck Schoki abwiegen laesst, oder andere, die im gemuetlichen schweizer Restaurant typisches Kaesefondue schlemmen. Sofort faellt uns das voellig andere Temperaturempfinden der Argentinier auf. Die Innenraeume sind derart geheizt, dass wir uns permanent aus den Klamotten schaelen muessen um nicht zu ersticken. Wir beginnen zu verstehen, weshalb die Argentinier im mittel- (noch schlimmer) osteuropaeischen Winter frieren wie die Schneider. Wir verbringen die naechsten Tage mit kleinen Spaziergaengen am See. Ausserdem adaptieren wir schnell die argentinischen Essgewohnheiten: Fleisch ist essenziell, Beilagen sind Luxus, Brot und ein Hauch Salat runden das Mahl ab. Folgerichtig landen abends beim Selberkochen im Hostal dicke Steaks in der Pfanne.

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Am Donnerstag, dem 30.10. geht es per Zug weiter an die Kueste im Osten. Die Fahrt fuehrt durch sog. patagonische Steppenlandschaft mit flachen Straeuchern, buschigem Gras und Flechten. In der Steppe grasen Wildpferde, deren rostbraunes Fell in der Sonne glaenzt. Wir fahren ueber Bruecken, unter denen klare Fluesse entlangfliessen. In langgezogenen Kurven koennen wir vom letzten Waggon aus gut die Gesamtlaenge unseres Zuges erkennen, den eine intakte Dampflokomotive zieht. Die Sonne geht spektakulaer zwischen den Tafelbergen am Horizont unter, in der Nacht haben wir wegen der wenigen Lichtquellen einen beeindruckenden Sternenhimmel. Am naechsten Morgen erreichen wir den Kuestenort Puerto Madryn, von wo aus wir zu Tierbeobachtungstouren auf der Halbinsel Valdes aufbrechen wollen. Doch zuerst fahren wir uns ein gepflegtes Almuerzo (Mittagessen) ein. Heute stehen Grillteller und Lendensteak auf dem kulinarischen Programm – alle Carnivoren fliegen hoch! Mit dicken Baeuchen schieben wir uns auf die Strasse, immerhin ist so unsere Bodenhaftung trotz ernstem Wind sichergestellt. Ein Verdauungsspaziergang fuehrt uns zum Strand, wo sich die sportiche Jugend Argentiniens beim Volleyball oder Joggen vergnuegt. Spaeter am Wasser entdeckt Christines geschultes Auge Schwarzhalsschwaene und sogar Flamingos, die wir dank unerer „Anpirschkuenste“ aus naechster Naehe beobachten koennen. Am naechsten Tag sitzen wir im Rahmen einer organisierten Tour an Bord eines Minibusses. Die Reiseleiterin versorgt uns mit erschlagend vielen Infos ueber geographische Daten der Insel und Umgebung, doch in Gedanken sind wir bereits bei den Tieren, werden wir wirklich Wale zu Gesicht bekommen? Mit 30-40 anderen „Waltouristen“ werden wir auf ein grosses Motorboot verfrachtet, alle stecken wir in orangefarbenen Schwimmwesten und warten gespannt auf das Auslaufen. In Strandnaehe entdecken wir tatsaechlich die ersten Wale der Spezies „Ballenas Franca Austral“, Krill und Plankton fressende Riesen. Ziemlich unbeeindruckt von den Ausflugsbooten ziehen sie weiter ihre Bahn, tauchen manchmal auf zum Luftholen und zeigen uns beim Abtauchen die breite dunkle Schwanzflosse. Vor kurzem wurden die Babys geboren, wir sehen also haeufig Jungtiere im Schlepptau der Muetter. Einmal taucht ein Kleiner direkt neben dem Boot auf, wir koennen fantastisch den Kopf mit weissen Punkten erkennen. Zuerst glauben wir, dies sei bereits ein ausgewachsener Wal, dann taucht ploetzlich das Muttertier aus der Tiefe auf, mit ihren 15 Metern Laenge gleicht sie einem U-Boot, das beim Auftauchen immer groesser wird, bis es schliesslich als Gigant die Wasseroberflaeche durchstoesst. Etwas weiter von der Bucht entfernt hat der Bootsmann weitere Wale geortet. Wir kommen gerade rechtzeitig als die Jungtiere ihre ersten Spruenge zu ueben scheinen. Dabei schrauben sie sich kerzengerade aus dem Wasser und lasen sich zur Seite oder auf den Ruecken mit grossem Klatschen und Spritzen wieder ins Wasser fallen – ein tolles Schauspiel. Am Anschluss an die Whale-Watching-Tour fahren wir zu den See-Elefanten. Auch hier gab es gerade Nachwuchs. Die schwarzen Babys robben drollig am Strand entlang, tun sich mit den zwei unterentwickelten Flossen sichtlich schwer. An Land bewegen sie sich noch unbeholfener Seeloewen, die immerhin ueber 4 Flossen/Beine verfuegen. Die See-Elefanten wippen mit dem ganzen Koerper, einer Raupe gleich, ueber den Strand, wobei die Fettpolster richtig schoen in Wallung geraten, wie bei Wackelpudding, den jemand auf einem Teeloeffel balanciert. Am Strand gibt es immer etwas zu schauen, ein grosses Maennchen (bis zu 6 Meter Laenge) aendert seine Position nachdem es von einer Welle nassgespritzt wurde. Ein anderer hat scheinbar Schnupfen, niesst zumindest haeufig, andere liegen nur regungslos und doesend in der Mittagssonne. Auf der Rueckfahrt machen wir einen kurzen Stopp im Informationszentrum, wo uns das Walskelett am meisten fasziniert. Im Nationalpark sehen „so im Vorbeifahren“ ausserdem Guanacos, Maras (hasenverwandter Nager), ein Guerteltier und Ñandus (fuer Patagonien bekannter straussaehnlicher Vogel). Ein grossartiger Tag mit vielen Tieren in ihrem urspruenglichen Lebensraum geht zu Ende, wir werden noch lange daran zurueckdenken.

 

Argentinien Teil 2 – 02.11. bis 08.12.2003

 

Von hier aus machen wir uns am naechsten Tag auf in Richtung Sueden. Zunaechst haben wir vor in Trelew, ca. 60 km suedlich von Puerto Madryn eine Bootstour zu den Toninas, einer speziellen Sorte Delfinen zu unternehmen. Doch alle Telefonnumern von Agenuren, die wir dazu anrufen, erzaehlen uns, dass sie nicht mehr auf das Wasser fahren. Komisch, hatte uns doch gerade erst vor einer knappen Woche in Bariloche eine Hollaenderin begeistert von dieser Tour erzaehlt. Nun, dann eben nicht. Die Busse nach Sueden sind gerade alle weg, der naechste faehrt erst gegen 16:00 Uhr, wir haben also 3-4 Stunden im nicht gerade interessanten Trelew zu unserer Verfuegung. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt und ueber die obligatorische Plaza, finden wir zufaellig ein Restaurant, das heute „Tenedor libre“, „all you can eat“ anbietet. Das passt uns bestens in den Kram, koennen wir so die Wartezeit prima uberbruecken. Das Buffet wird durch die Parilla, den Grill, maechtig aufgewertet, hier gibt es saftige Asados vom Rind, Wuerstchen und Koteletts. Fuer die naechsten zwei Stunden tauchen wir in die Welt von Schlaraffia ein, aus der wir schliesslich nach abschliessenden Eisbechern (Andreas schafft noch drei!) total abgefuellt wieder emporsteigen – aechz! Mit dem Bus geht es dann auf schnurgerader Strasse Asphaltstrasse durch die patagonische Steppe. Links und rechts der Fahrbahn begrenzen nicht enden wollende Zaeune die Gras- und Strauchebende, ganz Argentinien scheint eingezaeunt. Das gesamte Gebiet ist unter wenige Estancias (riesige Farmen) aufgeteilt, die dort ihre Schafherden grasen lassen. Schafe praegen das Landschaftsbild, sind so typisch fuer Patagonien wie der permanente Wind, der Straeucher und Baeume zwingt, in nur eine bestimmte Richtung zu wachsen. Wie wir so durch die endlose Weite der Provinz Santa Cruz rauschen, verlangsamt der Bus ploetzlich das Tempo und kommt auf der Kiespiste am Strassenrand zum stehen – Panne! Die Busfahrer bekommen den Wagen nicht mehr flott. „In the middle of nowhere“ stehen wir nun, manche Fahrgaeste vertreten sich bereits draussen die Beine, andere packen eiligst ihre Habseligkeiten zusammen in der Hoffnung auf eine Mitfahrgelegenheit. Diese erscheint prompt in Form eines Busses einer weiteren Agentur, dort gibt es noch freie Plaetze. Doch bevor wir die Situation durchblicken, haben sich schon die Cleveren in den Bus geworfen, der alsdann, bis auf den letzten Platz gefuellt, in einer dicken Staubwolke losbraust. Da stehen wir jetzt, mit ein paar uebriggebliebenen Fahrgaesten muessen wir auf den Ersatzbus warten. Was liegt in Argentinien in so einer Situation naeher als einen Becher Tee (Mate) zu schluerfen. Wir werden von netten aelteren Damen zum Mate-Trinken eingeladen. Tee in Pulverform wird in ein winziges henkelloses Gefaess, den „Mate“ gegeben und mit heissem Wasser aus der Thermoskanne aufgebrueht. Getrunken wird sofort danach, Mate muss scheinbar nicht ziehen, aus einem aus Metall gefertigten Roehrchen, der sog. „Bombilla“. Mate schmeckt in etwa wie bitterer, starker gruener Tee mit einer Nuance Tabak, also ein bischen rauchig. Wir sehen ueberall Mate und Thermoskannen im Gepaeck, sei es auf der Arbeit im Buero, beim Busfahrer im Fuehrerhaus, beim Picknicken im Park oder eben auf Reisen im Autobus. Mate-Trinken verbindet, ist gesellig, man schwatzt und bereitet immer wieder auf´s Neue frischen Mate zu. Die Grundsubstanz, die Kraeuter, bleiben im Gefaess, fuer ein neues „Taesschen“ wird lediglich frisches Wasser hinzugegeben. Wird man einmal zum Mate eingeladen, dann trinkt man das Gefaess ganz aus, das sind nur ein para Schluck. Danach bekommt jemand anderes den Becher. Oft wird eine Person zum „Bruehmeister“ auserkoren, der jedesmal heisses Wasser nachgiesst. Nach ein paar Bechern Mate kommt schliesslich der Ersatzbus. Es ist bereits dunkel, wir suchen nach freien Plaetzen, leider ist alles belegt. Wir muessen uns also fuer die naechsten zwei Stunden auf den Boden hocken oder stehen, nicht gerade angenehm. Da der heutige Tag sowieso schon anstrengend ist, peinigen wir uns jetzt erst recht und haengen eine Nachtfahrt nach Rio Gallegos im selben Bus an. Am Zielort angekommen buchen wir sofort eine Tour zu den Magellan-Pinguinen, die zu 80.000 in ihrer Siedlung zwischen Straeuchern und Bueschen leben. Zum Fischen verlassen die Pinguine ihr eingezaeuntes/geschuetztes Revier und laufen in Gruppen von 5-6 zum Strand. Einmal koennen wir von weitem einen Trupp auf uns zuwatscheln sehen, sie muessen direkt neben uns den Weg kreuzen. Wir kauern uns also flach auf den Boden und verhalten uns still um die Kerlchen aus der Naehe zu betrachten. Aus dem Augenwinkel beobachten wir, wie die Fracktraeger ploetzlich stehenbleiben, der letzte reckt seinen Hals und schaut aufgeregt in alle Richtungen. Haben sie uns etwa gewittert? Sie drehen etwas nach links ab und erreichen den Weg 10 Meter abseits in sicherer Entfernung, ganz schoen clever die Jungs. Als wir unsere Deckung aufgeben um ein Foto zu machen, fangen die Pinguine natuerlich an zu flitzen. Sie tippeln unbeholfen aber flott in Richtung Strand, dabei stolpert der eine oder andere, versucht dann mit den Fluegeln zu rudern, quasi auf allen Vieren zu laufen, faellt dann doch auf die Nase bzw. den Schnabel. Schnell richtet sich der Kleine wieder auf und folgt seiner Mannschaft, sie sind in Sicherheit, wir folgen ihnen nicht. Es ist zu schoen, diese putzigen Gesellen zu beobachten, spaeter schauen wir durchs Fernglas und entdecken einige Pinguine am Strand, wie sie in Gruppen in der Sonne stehen und sich zu unterhalten scheinen, wirkt irgendwie sehr menschlich. Wir koennten noch Stunden verweilen, doch unser Minibusfahrer will den Rueckweg antreten, also „ciao y hasta luego amigos!“

 

Am Dienstag, dem 04.11. sitzen wir bereits wieder im Bus. Wahnsinn, was wir in den letzten Tagen an Kilometern abgespult haben. Heute fahren wir nach El Calafate, dem Ausgangsort fuer Touren zum Perito Moreno Gletscher und in die Berge zum Fitz Roy Massiv. Am Morgen des 05.11. stehen wir bereits auf den hoelzernen Aussichtsplattformen und bestaunen den Perito Moreno, dessen 4 Kilometer breite Zunge sich permanent auf die sog. Magallanes Halbinsel zuschiebt, auf der wir uns gerade aufhalten. Regelmaessig knacjt es mit ohrenbetaeubenden Laerm imeisigen Gebaelk, wenn die Schnee- und Eismassen beim Zusammenpressen zerbersten. An den Auslaeufern des Gletschers brechen manchmal riesige Eisbloecke ab, die mit lautem Krachen in den See stuerzen. Ist der Eisblock gross genug, produziert er eine gewaltige Flutwelle, die saemtliche Eisschollen auf der Wasseroberflaeche tanzen laesst. Das Wasser spritzt beim Eintauchen des abgebrochenen Stueck Gletscher ca. 20-30 Meter hoch, also bis zur Haelfte der hoch aufragenden Gletscherwand. Im milchig grauen See treiben bereits kleine Eisberge, die heute abgebrochen sind. Mit Booten kann man etwas naeher an sie heranfahren. Wir nutzen jedoch unsere 4 Stunden Aufenthalt komplett oben auf den Balkonen und geniessen dieses wundervolle Spektakel herabstuerzender Eismassen, zucken bei jedem Knacken des Gletschers zusammen oder bestaunen stillschweigend , voller Demut, dieses phantastisches Naturwunder.

 

Am naechsten Tag fahren wir nach El Chalten, einem ehemaligen Militaerstuetzpunkt am Fitz Roy Massiv, heute ein ausgebautes Trekking-Mekka. Wir wollen Tagestouren zu den beeindruckenden Gipfeln unternehmen. Doch das Wetter spielt nicht mit. Auf einem ersten Erkundungsspaziergang weht uns der agressive patagonische Wind fast vom Weg. Mit aller Kraft stemmen wir uns dagegen, laufen in Schraeglage durch ein langgezogenes Tal am Flusslauf, kehren aber bald in den warmen Aufenthaltsraum unserer Herberge zurueck. In den Folgetagen wird unsere Geduld wettermaessig auf die Probe gestellt, eine Halbtageswanderung endet im Schneeregen, am naechsten Tag bleiben wir gleich im Hostal sitzen und schauen vom Fenster aus dem Regen zu. Am Sonntag, dem 09.11. werden wir schliesslich fuer unser Ausharren belohnt. Bei klarem Himmel bekommen wir die gewaltigen bizarren Gipfel zu sehen. Jetzt koennen wir nachvollziehen, dass die Indianer, die Tehuelche, die Berge verehrt und vergoettert haben. Saeulenfoermig ragen die Felstuerme in den wolkenlosen Himmel, rotbraun strahlend im Licht der Morgensonne. Gegen Nachmittag umspielen leichte Wolkenschwaden die Gipfel, werden dichter und verhuellen die Berge gaenzlich. Wird uns die Natur morgen wieder so eine grandiose Vorstellung bieten? Vorhang auf, auch am Montag haben wir Glueck, der Cerro Torre spiegelt sich im Wasser seiner Gletscherlagune. Wir bestaunen die vielen umherschwimmenden Eisbloecke und Eisschollen, bei denen Wasser und Wind sich bildhauerisch ausgetobt haben.

 

Von Chalten reisen wir ueber Calafate nach Puerto Natales (zurueck nach Chile), wo wir uns auf eine 5-Tages-Wanderung durch den Nationalpark Torres del Paine vorbereiten wollen. Wir organisieren also Zelt, Kocher und Lebensmittel. Gar nicht so einfach,fuer 5 Tage Zeugs zu packen, das man den ganzen Tag auf dem Buckel durch die Berge tragen soll. Am 13.11. stehen wir dann (immer noch aufrecht) vollstaendig ausgruestet am Eingang des Parks. Wir durchwandern weite Ebenen, haben staendig die steil aufragenden Berge des Paine Massivs vor Augen, kommen an tuerkisfarbenen Seen vorbei und fallen jeden Abend angenehm muede ins „Bett“ (na ja, Isomatte und Schlafsack). Morgens koennen wir uns an grossartigen Sonnenaufgaengen erfreuen, die Kraft geben fuer den anbrechenden Wandertag. Alles in allem ein tolles Erlebnis, mal wieder inmitten der Natur zu sein und die Verbundenheit mit Bergen, Baeumen und Seen zu spueren. Zu allem Ueberfluss beschaeftigen wir den Koerper mit einer (in modernen Gesellschaften nicht mehr zeitgemaessen) Taetigkeit, fuer die er bestimmt ist: Bewegung!

 

Ueber die Zwischenstation Punta Arenas (Chile) erreichen wir am Freitag, dem 21.11. Feuerland. Alleine die Tatsache, dass wir mit dem Autobus so mir nichts dir nichts in die suedlichste Stadt der Welt fahren koennen, nimmt dem ganzen Unternehmen den Zauber. Verbanden wir doch mit Feuerland immer eine Region unglaublicher Abgeschiedenheit, rauen Klimas, beinahe Unerreichbarkeit. Ein Land fuer Abenteurer und Entdecker, wie zu Zeiten Magellans, der als erster den Seeweg zwischen Feuerland und dem Kontinent entdeckte, eine Errungenschaft, die unzaehligen Seeleuten die gefaehrliche Umsegelung des furchterregenden Cap Horns ersparte. So ist heue die Magellanstrasse bequem mit der Autofaehre zu ueberqueren. Enthusiasmus und Aufregung muessen wir uns gegenseitig durch den Blick auf die Landkarte einfloessen. Von Quito (Ecuador) bis Tierra del Fuego (Feuerland, Argentinien) nur mit oeffentlichen Verkehrsmitteln, so weit sind wir gereist. Wie gesagt, bequem ist es schon geworden, waren damals noch Expeditionen noetig, kommt der moderne Weltbuerger sogar mit dem Flieger nach Ushuaia, der Provinzhauptstadt Feuerlands. Das Landschaftsbild hat sich ebenfalls massiv geaendert, brannten zur Zeit der Entdeckung ueberall auf dem Eiland die namensgebenden Lagerfeuer der indigenen Urbevoelkerung, Jaeger und Sammler, so haben heute Strassenlaternen, elektrisches Licht und Satelitenschuesseln als Zeichen des Fortschritts das Feuer abgeloest. Was bleibt ist der Name Feuerland sowie die Ushuaia umschliessenden schneebedeckten Berge. Ein faszinierender Anblick, wie kurz hinter den letzten Haeusern die Schneegipfel aufragen, vor allem mit dem Wissen, dass der Ort selbst direkt am Meer und nicht etwa an einem Bergsee liegt. Wir geniessen diesen angenehmen Ort bei typisch argentinischem hellblauen Himmel, machen Spaziergaenge am Hafen, wo u.a. grosse Luxusliner festmachen, Christine unternimmt einen Segeltoern auf dem Beagle-Kanal und Andreas muss nochmals in die Berge, diesmal in den Nationalpark Tierra del Fuego.

 

Wir landen auf dem internationalen Flughafen, weshalb wir uns leider keinen Ueberblick ueber die riesige Stadt machen koennen. Ein Stadtbus faehrt uns fuer 1,35 Pesos (ca. 0,40 Euro) in 90 Minuten ins Zentrum, im immer dichter werdenden Feierabendverkehr rauschen wir in schoenem Abendlicht durch die Stadt. Erst bei Dunkelheit erreichen wir unser Wunschhotel mitten im schoenen Zentrum der Stadt. An die frueheren Sonnenuntergangszeiten hier im "Norden" muessen wir  uns wohl erst noch gewoehnen.

Am naechsten Morgen schlafen wir erst mal gepflegt aus und erkunden die naehere Umgebung in der Innenstadt. Zunaechst einmal wird wieder die Pflicht erledigt. Den Heimflug legen wir nun endgueltig auf den 30. Dezember fest (schon so bald?) und sogar Zugtickets fuer eine Zugfahrt in Spanien koennen wir von hier aus erwerben. Dann widmen wir uns der Kuer und kuemmern uns um Fussballkarten, Konzerte im Teatro-Colon und ganz besonders wichtig um Tango-Tanz-Veranstaltungen, von denen wir dann abends im beruehmten Cafe-Tortoni direkt eine besuchen. Von der Atmospaehre im kleinen Saal sind wir sofort begeistert, die Musiker, Taenzer und auch der Saenger bringen eine richtig lebendige Stimmung rueber. Als die beiden Taenzer sich dann Tanzpartner aus dem Publikum suchen und der Taenzer mich (Christine) auffordert, bin ich leider zu aengstlich (habe noch nie in meinem Leben Tango getanzt!), gebe ihm einen "Korb" und lasse mir so die sicher einmalige Chance entgehen mit einem Profitaenzer eine Runde Tango aufs Parkett zu legen. Schade schade. Dafuer wirbelt ein aelterer Italiener aus dem Publikum mit sichtlichem Vergnuegen die Taenzerin ganz schoen ueber den Tanzboden, sehr zur Begeisterung aller Zusachauer. Am naechsten Tag sehen wir uns abends ein internationales Fussballspiel an. Sao Paulo reist an, um im Halbfinale des Suedamerica-Cups (aehnlich dem Uefa-Cup) das Hinspiel gegen die Lokal-Matadoren von River-Plate zu bestreiten. Da es sehr gefaehrlich sein soll, sich als Touri dem Stadtion selbstaendig zu naehern, buchen wir mit den beiden Schweizern Jeanettd und Simon, die wir in El Chaiten kennengelernt haben) bei einer Agentur eine "Tour". Dazu werden wir ca. 2 Stunden vor Spielbeginn von einem Minibus abgeholt, mit uns sitzen noch andere europaeische Touris, aber z.B. auch drei Ecuadorianer im Bus. Alle freuen sich aufs Spiel, das Wetter jedoch macht uns einen kleinen Strich durch die Rechnung. Kaum haben wir das Stadion erreicht, beginnt es aus allen Wolken zu schuetten. Das ist zwar nur von kurzer Dauer, hat aber scheinbar die meisten "Fans"der Stadt vom Weg ins Stadion abgehalten. Im ca. 70.000 Zuschauer fassenden Stadion befindet sich ein trauriges Haeufchen von ca. 12.000 die sich auf den Raengen verlieren. Wir sind ziemlich enttaeuscht, war es doch besonders die Stimmung in einem vollen Stadion Suedamerikas, die wir hier erleben wollten. Im Verlaufe des Spiels werden wir dann durch das 3:1 der Heimmannschaft etwas versoehnt.  Auch am naechsten Tag schlafen wir wieder aus und verbringen den Tag mit Stadtbummel, Haare schneiden lassen und aehnlichen Dingen. Abends besuchen wir ein Konzert im Teatro Colon, ein Gebaeude, das Anfang des 20. Jahrhunderts fertig gestellt wurde und von vergangener Pracht der Stadt erzaehlt. Der Komplex nimmt einen gesamten Haeuserblock ein, der Innenraum des Theaters, das als Opernhaus benutzt wird, ist herrlich eingerichtet. Im Parkett und auf den Raengen machen es sich die Zuhoerer auf roten Pluschsesseln bequem, die Decke ist wunderbar bemalt, die Gelaender der Balkone und Logen sind goldverziert. Uns umfaengt eine grossartige festliche Atmosphaere. Diese wird durch das perfekt aufspielende Orchester nur gesteigert und wir tauchen fuer diesen Abend so richtig in die Klang-Kunst des 20. Jahrhunderts ab. Am folgenden Tag schlendern durch das "Kuenstlerviertel" San Telmo. Auf einer Plaza haben die Strassencafes Stuehle und Tische aufgestellt, wir hoeren Tango aus einer Box und tatsaechlich, ein schick gekleidetes Paar walzt (tangot) ueber den Platz. Abends besuchen wir mit Simon und Jeanette noch einmal gemeinsam eine Tango-Show im Cafe Tortoni und am naechsten Tag rundet ein Besuch in einer netten Kneipe in San Telmo unseren Buenos Aires Aufenthalt ab.

 

Am Sonntag, dem 30.11. fahren wir zu viert nach Mercedes (wir haben uns Jeanette und Simon angeschlossen, oder sie sich uns, wie auch immer), eine Kleinstadt in der Provinz Corrientes, im Nordosten Argentiniens. Hier, zwischen dem Rio Parana und dem Rio Uruguay sind wir nicht mehr weit entfernt von der Grenze zu Brasilien. Die Landschaft wird tropischer, das feucht-heisse Klima des Fruehlings/Sommers bringt eine ueppige gruene Vegetation hervor. Zwischen den beiden Fluessen liegen Feuchtgebiete mit unzaehligen Voegeln, selbst die Rinderherden stehen beim Grasen knoecheltief im Wasser. Die kleinen Doerfer, die wir durchfahren, sind wieder einfacher, weniger wohlhabend. Es fahren viele verrostete, verbeulte Ami-Schlitten durch die Strassen, einige ohne Fenster. Das ganze „Setting“ wirkt ziemlich entspannt. Mercedes ueberrascht uns mit einer ausgesprochen netten Plaza, bunt angestrichene kleine Haeuschen reihen sich ein neben altehrwuerdige Kolonialbauten. An letzteren ist der Zahn der Zeit nicht spurlos voruebergegangen, vor allem Feuchtigkeit scheint ein Problem, wen wunderts. Um die Plaza herum ist heute am Sonntag eine Menge los, das Strassencafe ist voll mit Gaesten, in den Eisdielen herrscht Hochbetrieb und die Gauchos promenieren stolz in Ausgehtracht mit breitkrempigen Hut, fein verzierten Guertel und weiten Hosen durch den Ort. Alles in allem ein idyllisches Bild der Ruhe und Gelassenheit. Die Dorfjugend kaempft derweil virtuell beim Computerspiel im Internet-Cafe gegen die „Achse des Boesen“. Unter lautem Geballer schiessen sie sich den Weg frei zwischen terroristischen Kampfverbaenden, George W. haette seine wahre Freude daran. Gluecklicherweise verhallt der Laerm aus der Internetbude schnell, wenn man an der naechsten Ecke abbiegt. Dann kann man wieder aufatmen und eintauchen in das entspannte Leben einer netten Kleinstadt im Corrientes, wo die Zeit stehengeblieben zu sein scheint.

 

Am 01.12. faehrt unser Minibus nach San Carlos Pellegrini, ein kleiner Ort in den Esteros de Ibera im Nordosten Argentiniens. Esteros sind Lagunen, in und um die es wunderbar viel Wildlife zu sehen und beobachten gibt. Das wollen wir uns natuerlich nicht entgehen lassen, nachdem ja unsere geplante Tour in den Dschungel Boliviens wegen der dortigen Unruhen ausfallen musste. Im Minibus sitzen ausser uns die Arbeiter der Estancias bzw. Dorfbewohner San Pellegrinis, die fruehmorgens hier nach Mercedes fahren um einzukaufen, oder mal einen Arzt aufzusuchen. Die Dreierrueckbank reicht auch fuer vier (gerade so) und nach gut drei Stunden erreichen wir den kleinen Ort. Gut durchgeschuettelt und eingestaubt auf der Sand-Buckelpiste. Schon auf der Fahrt entdecken wir die ersten Leguane und Capibaras (grosse nur auf dem amerikanischen Kontinent lebende Nagetiere). Unser Heim fuer die naechsten Tage gefaellt uns praechtig, hier werden wir uns wohlfuehlen. Nach dem Abendessen spazieren wir durch den kleinen Ort, bewundern einen tadellosen Sonnenuntergang ueber der Lagune, der von einem Vogelkonzert vielstimmig untermalt wird. Am Folgetag stehen wir mit den ersten Sonnenstrahlen auf um die Lagunenbewohner in freier Wildbahn zu beobachten. Mit einem kleinen Boot fahren wir zu Fuenft (mit Fuehrer) auf die Lagune hinaus, strahlend blauer Himmel ueber uns, fruehe Morgensonne, es herrscht eine wunderbare Stimmung auf dem Wasser. Das erste Stueck legen wir schnell unter Motor zurueck, dann heisst es “Maschinen Stopp!” und schoen leise gleiten wir tiefer in das Marschland. Unser Guide paddelt mit einem langen Stechpaddel direkt auf das Ufer zu: ein Kaiman (ca. 2 Meter lang) liegt dort faul in der Sonne und verdaut seinen letzten Fang. Er laesst sich von uns nicht gross stoeren, aus halb geoeffneten Augen schaut er uns schlaefrig an, bis auf ganz kurze Distanz naehern wir uns dem Tier. So geht es weiter, stundenlang fahren wir in den Kanaelen hin und her und entdecken immer neue Tiere: wir sehen Stoerche, Enten, Adler, allerlei kleine bunte Voegel, deren Namen wir nicht kennen, Capibaras, eine friedlich grasende Hirschkuh, zwei Monate alte Kueken im Nest, Kaimanbabies, die mit 2 Jahren erst ca. 30 Zentimeter messen und ueberall am Ufer und auf dem Wasser werden wir von wachsamen Kaimanen beaeugt. Den ganzen Tag koennten wir hier auf dem Boot sitzen und Tiere beobachten – ein herrlicher Ausflug!

 

Ueber Corrientes, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, fahren wir am 05.12. schliesslich nach Puerto Iguaçu, wo wir natuerlich die beruehmten Wasserfaelle sehen wollen. Zufaellig ist gerade Vollmond, was liegt da naeher, als in einer mondhellen Nacht bereits einen Blick auf das grosse Wasser (I-Guaçu) zu werfen? Ueber einen langen Steg, eine moderne Stahlkonstruktion, marschieren wir mit hunderten von Mondsuechtigen ca. 15 Minuten ueber riesige friedlich dahingleitende Wassermassen, die sich spaeter am sogenannten “Teufelsschlund” mit ohrenbetaeubendem Rauschen ca. 70 Meter in die Tiefe stuerzen. Das macht Lust auf mehr. Wieder mal stehen wir am naechsten Tag frueh auf, um im Park die ersten Besucher zu sein, schliesslich ist Wochenende. Und es lohnt sich, die ersten Stunden haben wir die Wasserfaelle, an die wir bis auf wenige Meter herankoennen, fast fuer uns alleine. Ausser uns scheinen lediglich die Leguane Fruehaufsteher zu sein, die ahlen sich auf den Wegen und im Gebuesch in der Morgensonne. Den ganzen Tag verbringen wir im Park, wandern von einem Wasserfall zum anderen, entdecken exotische Voegel in den Baeumen (z.B. Tucane), verspielte Schmetterlinge landen auf unserer Haut, haben vielleicht Geschmack an den Salzkristallen gefunden, die wir in der tropischen Hitze ausschwitzen. Als gebuehrenden Abschluss unseres Argentinienaufenthaltes veranstalten wir mit Jeannette und Simon im Garten unseres Hostals ein feistes “Asado”, ein Grillfest – noch nie schmeckte das Rindfleisch so gut wie heute. Mal sehen, was uns die Brasilianer in Sachen Steaks so bieten koennen.